U17-Degenfechterin Annika Amler wahrt trotz Höhen und Tiefen die Chance auf WM-Teilnahme 

von Uli Amler

Ditzingen/08.03.2022. Die Ditzinger Degenfechterin Annika Amler hadert mit ihrem 63. Platz im Einzelwettbewerb der Kadetten EM in Novi Sad. Im Teamwettbewerb kämpfen sich die Damendegenfechterinnen aus Deutschland auf Platz 12.  

Nach der Europameisterschaft ist vor der Weltmeisterschaft, und die ist das erklärte Saisonziel der Ditzinger Degenfechterin Annika Amler. Als drittbeste deutsche Teilnehmerin des deutschen Teams auf der Kadetten-EM in Novi Sad und Zweite auf der deutschen U17 Nominierungsrangliste konnte die Leonberger Gymnasiastin sich die Chance auf einen Start in Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, Mitte April wahren. 

Die EM-Teilnahme im serbischen Novi Sad war von Höhen und Tiefen geprägt, zeigte aber einmal mehr die Stärke der Fechterin der TSF Ditzingen. Sie ließ sich von einem schlechten Tag wie dem Einzelwettbewerb, nicht entmutigen und trug schon 48 Stunden später mit Konzentration, Kampfgeist und erfolgreichen Aktionen zu einer guten Teamleistung bei. So verlief die Vorrunde im Einzelwettbewerb mit zwei Siegen und vier Niederlagen frustrierend für Annika Amler. Aufgrund der eineinhalbjährigen Corona-bedingten Turnierpause der deutschen Nachwuchsfechter fehlten ihr und den Teamkolleginnen wichtige Punkte auf der europäischen Rangliste und die Erfahrung im internationalen Vergleich. So warteten mit Platz 117 auf der europäischen Rangliste gesetzt, bereits in der Vorrunde schwere Gegnerinnen, die in den vergangenen zwei Jahren kaum Einschränkungen im Trainings- und Turnierbetrieb ihrer Heimatländer erfahren mussten. „Dieser Tastsache müssen wir ins Auge sehen und dürfen unsere Nachwuchsfechterinnen nicht mit unrealistischen Erwartungen belasten“, warnt der Ditzinger Cheftrainer Zoltán Szegedi. „Die Mädchen haben vor dieser Saison zuletzt in der U15 gekämpft und eine Europameisterschaft ist mit der Erfahrung von nur fünf oder sechs internationalen Turnieren auch mental eine große Herausforderung“.

Mit Platz 70 aus der Vorrunde konnte Annika Amler gegen die Rumänin Andrea Munteean mit einem klaren 15:4 Sieg im 128er K.o. ein deutliches Zeichen setzen. In der Runde der letzten 64 wurde sie dann von der auf Platz 6 nach der Vorrunde stehenden Ungarin Dorina Wimmer mit 6:15 ebenso jäh gestoppt. Am Ende auf Platz 63 geführt, schied Annika Amler aus. „Ich habe schon in der Vorrunde zwei Gefechte verschenkt, weil ich zu zögerlich agiert und nicht mutig genug durchgestoßen habe“, analysiert die Zehntklässlerin vom Gymnasium Rutesheim ihre Leistung selbstkritisch. Im 64er K.o. habe sie dann das schlechte Abschneiden in der Vorrunde mit der starken Ungarin schon früh wieder eingeholt. „Vielleicht steckte da der Riesenschreck vom Vortag noch in meinen Knochen“, überlegt die Schülerin. An einer Fußgängerampel in Novi Sad, sei sie von einem bei roter Ampel in den Gegenverkehr krachenden Auto am Knie gestreift worden und nur knapp mit ihrem Trainier Zoltán Szegedi vor einem größeren Unfall bewahrt worden. Ihre Teamkolleginnen Eva Steffens (Heidelberger FC), Marie Rank (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Charlotte Marx (Fechterring Hochwald) schieden ebenso im 64er K.o. aus und belegten im Einzelwettbewerb die Plätze 48, 61 und 64. Europameisterin wurde Greta Gachalyi (Ungarn) vor Alexandra Kravets (Israel). Platz drei teilten sich die Lettin Sofija Prosina und Emili Conrad aus der Ukraine. 

Sehr viel besser lief es zwei Tage später im Teamwettbewerb für die deutschen Degenfechterinnen. Auf Rang 19 von 23 gemeldeten Mannschaften mussten die Fechterinnen im ersten Kampf gegen die auf Rang 14 gesetzte Mannschaft aus Litauen auf die Bahn. Mit einem knappen 45:43 Sieg konnten sie den Kampf für sich entscheiden. In der Runde der letzten 16 trafen die deutschen Fechterinnen mit den späteren Vizeeuropameisterinnen aus Spanien auf einen unbezwingbaren Gegner. Am Ende verloren die deutschen U17 Degendamen mit 26:45. Davon unbeeindruckt startete Annika Amler mit ihren Teamgefährtinnen die auf Platz 11 gestarteten Fechterinnen aus Estland in die Platzierungsgefechte. Den Kampf konnten die Deutschen mit 45:42 für sich entscheiden, bevor sie mit einer 37:45 Niederlage gegen die Türkei ausgebremst wurden. Bis ins letzte Gefecht um Platz 11 und 12 blieb Annika Amler mit konzentrierter und starker konditioneller Leistung eine wichtige Stütze für das deutsche Team. Das Gefecht ging dennoch mit 39:45 klar an die griechische Mannschaft. Den Teamwettbewerb gewannen mit Italien vor Spanien und Israel auf Rang drei Mannschaften, die auch im Einzelwettbewerb mit ihren Fechterinnen derzeit die Messlatte hochhalten. „Im Teamwettbewerb habe ich wieder das große fechterische Potential von Annika und ihren Kampfgeist gesehen“, lobt Trainer Zoltán Szegedi die 16jährige. „Wir müssen jetzt einfach mehr Rhythmus und Routine in den internationalen Wettbewerben finden“. Hierfür ist sein größter Wunsch, dass die erfolgreiche Nachwuchsarbeit der TSF Fechter auch aus der heimischen Wirtschaft finanzielle Unterstützer findet. Denn die Reisekosten für den Trainer und die Ditzinger Fechter zu internationalen Turnieren tragen noch immer ausschließlich die Fechtabteilung mit Unterstützung des Fördervereins und die Eltern der Sportler.

Der Ukraine-Krieg überschattete auch diese europäische Sportveranstaltung. Das favorisierte russische U17 Team trat in beiden Wettbewerben nicht an, nachdem der russische Fechtverband seine Sportler in der ersten Wochenhälfte bereits während der Junioren-Europameisterschaft zurückgezogen hatte. In den Teamwettbewerben hatten sich mehrere U20-Mannschaften aus Solidarität zur Ukraine geweigert, gegen russische Teams anzutreten.#

Turnier-Resultate https://www.fencingtimelive.com/tournaments/eventSchedule/3BAB6182B150494A84D26017BC6224A8#today

 

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Fotos: Zoltán Szegedi
Annika Amler hinten, vorne v. l. Eva Steffens (Heidelberger FC), Charlotte Marx (Fechterring Hochwald) und Marie Rank (TSV Bayer 04 Leverkusen).